MFJB

14. 10. 2020, 19.00 Uhr

Janáček-Theater

Autor: Leoš Janáček
Dirigent: Marko Ivanović
Regie: Robert Carsen

Festival-Nachlese am 28. 11. und 29. 11. 2020

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1. AKT – Auf der Kolonnade im Kurort Luhačovice
Mittelpunkt der Aufmerksamkeit vieler Kurgäste sind Dr. Suda und seine Freunde Konečný, der Maler Lhotský und die junge Frau Míla. Es kommt ein neuer Gast, der Komponist Živný. Die Gesellschaft erfährt mit Verwunderung, dass Živný und Míla einander schon früher begegnet sind. Die Gesanglehrerin, Fräulein Stuhlá, kommt mit einer Gruppe junger Leute, die sich auf einen Ausflug mit Dr. Suda freuen. Die Gesellschaft bricht auf, nur Živný und Míla bleiben zurück. Ihre frühere Liebesbeziehung wurde von Mílas Mutter beendet, für die das Leben mit einem Komponisten einem Bettlerdasein gleichkommt. Živný hat von seinem unglücklichen Schicksal eine Oper komponiert. Erst jetzt erfährt er, dass er Míla fälschlicherweise der Untreue verdächtigte; ihr Sohn Doubek ist tatsächlich sein Kind. Das Liebespaar beschließt, der Mutter zum Trotz zusammenzuleben.

2. AKT – In der Wohnung des Ehepaar
Živný singt Fragmente aus seiner Oper vor. Die Partien, in welchen er Míla verleumdet hat, muss er nun streichen. Der kleine Doubek fragt seine Mutter, ob sie wisse, was Liebe sei. Míla weiß es nur zu gut: die Liebe und ihr ganzes Leben sei Schicksal – Fatum. Das gemeinsame Leben mit der Mutter wird zur Qual. Die Mutter verfällt immer stärker dem Wahnsinn; sie muss unter einem Dach mit dem Mann wohnen, der ihrer Meinung nach nur hinter ihrem Geld her ist. Živný erscheint der Mutter als böser Rabe. Sie will vor ihm davonfliegen, stürzt dabei vom Balkon und reißt dabei auch Míla mit. Živný ist verzweifelt über den Tod seiner Ehefrau. Er ruft die Blitze herbei, auf dass sie noch mehr in sein unglückliches Schicksal einschlagen mögen.

3. AKT – In der Aula des Konservatoriums
Studenten singen aus der Partitur der neuen Oper ihres Professors Živný. Das Werk soll am Abend im Theater aufgeführt werden, aber es fehlt noch immer der letzte Akt. Die Schüler bitten den Lehrer, von seiner merkwürdigen Oper zu erzählen. Živný spricht über ihre Entstehung, und die überraschten Studenten erkennen, dass der Operninhalt eigentlich dessen Lebensgeschichte widerspiegelt. Živnýs Erzählung nähert sich Mílas Tod… plötzlich brechen Blitze eines wirklichen Gewitters über sie herein. Živný sinkt ohnmächtig zu Boden. Das Ende seiner Oper bleibt unvollendet in Gottes Hand, ebenso wie Živnýs Schicksal selbst.

Dirigent: Marko Ivanović

Regie: Robert Carsen

Dramaturg: Ian Burton

Bühnenbild: Radu Boruzescu

Kostüme: Annemarie Woods

Lichtdesign: Peter van Praet a Robert Carsen

Choreografie: Lorena Randi

Chorleiter: Pavel Koňárek

Regieassistent: Gilles Rico

Besetzung:

Živný, Komponist: Enrico Casari & Philip Sheffield

Míla Válková: Alžběta Poláčková

Mílas Mutter: Natascha Petrinsky

Dr. Suda: Peter Račko

Lhotský, malíř: Jan Šťáva

Konečný: Igor Loškár

Fräulein Stuhlá, Lehrerin: Daniela Straková-Šedrlová

Doubek (Kind): Kryštof Cholava

Poet: Michael Robotka Erste

Dame / Fräulein Pacovská: Andrea Široká

Zweite Dame / Frau Majorová: Tereza Kyzlinková

Student: Michael Robotka

Alte Slowakin: Jitka Zerhauová

Frau Radová: Jana Hrochová

Junge Witwe: Hana Kopřivová

Ingenieur: Pavel Valenta

Verva, Eleve: Lukáš Bařák

Součková, Elevin: Marta Reichelová

Kosinská, Elevin: Jarmila Balážová

Doubek: Daniel Matoušek

Sklepník: Ivo Musil

Hrázda: Ondřej Koplík

Diener: Petr Štych

Nána: Kristýna Svítilová

Lhotský, Maler: Jan Šťáva

Der feierliche Auftakt des Festivals steht im Zeichen der Rückkehr eines der besten Opernregisseure – Robert Carsen. Dieser Künstler, dessen Inszenierungen für ihren dramatischen Ansatz, ihre Poetik und ihre künstlerische Ausgefeiltheit geschätzt werden, wendet sich damit erneut dem Opernwerk Janáčeks zu. Nachdem er bereits fünf Opern des tschechischen Meisters auf die Bühne gebacht hat – Jenůfa, Das schlaue Füchslein, Katja Kabanowa, Die Sache Makropulos und Aus einem Totenhaus –, inszeniert Robert Carsen nun Janáčeks Schicksal speziell für die Janáček-Oper des Nationaltheaters Brno.

Die ersten Dekaden des 20. Jahrhunderts waren für die Kunst eine Epoche der Suche nach neuen Wegen und Mitteln des Ausdrucks, und ganz besonders gilt dies für das Genre der Oper. Nachdem Janáček bereits in Jenůfa rasant neue Wege beschritten hatte, wagte er sich mit seiner vierten Oper Schickal in musikalischer wie in dramaturgischer Hinsicht erneut auf unbekanntes Terrain. Wie auch bei anderen Werken inspirierte ihn auch diesmal eine schöne Frau – die achtundzwanzigjährige Kamila Urválková, einst die Geliebte des Komponisten und Dirigenten Ludvík Čelanský und nunmehr mit einem Forstverwalter aus Zahájí verheiratet. Janáček machte ihre Bekanntschaft im August 1903 in Luhačovice. Kamila erzählte Janáček von ihrer Liebesbeziehung zu Čelanský, nach deren unglücklichem Ende Čelanský in seiner Enttäuschung die Oper Kamila geschrieben hatte, deren Titelfigur er als unreife und unbeständige Persönlichkeit schilderte. Janáček beschloss, ihrem Zauber verfallen, eine „ganz neue, moderne Oper“ zu schreiben, mit der er Kamilas guten Ruf wiederherstellen wollte. Nach der Heimkehr aus Luhačovice suchte er verzweifelt nach einem geeigneten Librettisten, der in der Lage wäre, seine Vorstellungen zu verarbeiten. Schließlich konnte er für diese Aufgabe die junge Lehrerin Fedora Bartošová gewinnen, eine Freundin seiner verstorbenen Tochter Olga. Schicksalbezeichnete Janáček nicht etwa als Oper, sondern als drei Romanepisoden, womit er klar macht, dass sich der Zuschauer in einem ganz anderen Umfeld wiederfindet als in seinen früheren Opern. Bereits die ersten Töne eines orchestralen Walzers entführen das Publikum in die gehobene Gesellschaft eines Kurbads; statt einfacher, natürlicher Prosa hört man eine Sprache im Stile dekadenter Poeten, und die Handlung tritt durch den Dialog der beiden Hauptfiguren, des Komponisten Živný und seiner Geliebten Míly, zutage. Auch hier jedoch schöpfte Janáček wie in seinen anderen Opern reichlich aus seinen Aufzeichnungen der Volkssprache. Trotz der unstrittigen musikalischen Qualitäten der Oper erlebte Janáček ihre Uraufführung nicht mehr. Nachdem das Stück ursprünglich in Brünn aufgeführt werden sollte, entschied sich Janáček für das Prager Theater in den Weinbergen, wo jedoch die Premiere trotz zahlreicher Versprechungen immer wieder aufgeschoben wurde und schließlich überhaupt nicht stattfand. Erst im Jahr 1934 bereitete Janáčeks Schüler Břetislav Bakala eine Fassung für den Rundfunk und 1954 auch eine Konzertaufführung vor. Als Oper wurde Schicksal erstmals am 25. Oktober 1958 unter der Regie von Václav Nosek in Brno aufgeführt.

Wenngleich Schicksal heute vor allem wegen seines spezifischen Libettos etwas im Schatten der anderen großen Opern Janáčeks steht, hat das Werk seinen festen Platz in der Operngeschichte wie auch in Janáčeks kompositorischer Entwicklung.

Autor: Patricie Částková

MFJB Das Nationaltheater Brno ist Partner von Opera Vision. Dieses internationale Projekt präsentiert Produktionen führender europäischer Theater per Live-Streaming auf einer Webplattform, die einem breiten Publikum auf der ganzen Welt zur Verfügung steht. Destiny wird am 14. Oktober 2020 live übertragen. Weitere Informationen: www.operavision.eu