MFJB

3. 10. 2020, 15.00 Uhr

Vila Löw-Beer, Brno

Zemlinsky Quartet

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Leoš Janáček (1854–1928): Jugend (Transkription des Bläsersextetts), Arrangement Kryštof Mařatka

Josef Suk (1874–1935): Streichquartett Nr. 1 B-Dur, op. 11

Alexander Zemlinsky (1871–1942): Streichquartett Nr. 1 A-Dur, op. 4

Janáček komponierte sein Bläsersextett Jugend aus dem Jahr 1924 wohl als Reminiszenz an die Tradition der Bläserharmonien, die ab der Mitte des 18. Jahrhunderts bei den Alt-Brünner Augustinern gepflegt wurden. Die Besetzung korrespondiert auch mit dem Inhalt des Stücks, welches als Erinnerung an die Jugendzeit (offensichtlich an Erlebnisse aus der Zeit als Schüler der Klosterstiftung) eher ausgelassen daherkommt, wenngleich auch ein Anflug von Trauer und Nostalgie zu spüren ist. Dem Streichquartett wies Janáček dagegen die Aufgabe schwerwiegenderer Mitteilungen zu, die er bisweilen dramatisch, bisweilen als intimes Geständnis konzipierte. Die Neuinstrumentierung des Stückes Jugend für Streicher aus der Feder des Komponisten Kryštof Mařatka kann als überaus gelungen gelten und gereicht dem Werk Janáčeks zur Ehre. Mařatka berücksichtigte nicht nur den Gesamtcharakter des Stückes, sondern auch die Nuancen in Janáčeks Partitur (seine Phrasierung, seine Angaben zum Vortrag, die Unterschiede in der Dynamik der einzelnen Stimmen usw.). Um zu verhindern, dass manche klangliche Momente der ursprünglichen Partitur verloren gehen, nutzte Mařatka gekonnt die vielfältigen Interpretationsmöglichkeiten der Streichinstrumente wie Pizzicato oder Flageolett. Das Arrangement behält damit ganz den Charakter einer Komposition Janáčeks, wirkt aber gleichzeitig für die gegebene Instrumentierung im Kontext anderer Werke Janáčeks ungewohnt leicht. Umso anspruchsvoller ist das Arrangement dagegen von der interpretatorischen Seite her. Mařatka präsentiert uns in seiner Adaption einen heiteren, inhaltlich unbelasteten Janáček in einer Komposition für Streichquartett – also etwas ganz Neues und Unerhörtes.

Das Streichquartett Nr. 1 B-Dur des jungen Josef Suk ist ein Werk, in dem wir zwar noch den Einfluss seines geliebten Lehrers Antonín Dvořák verspüren, gleichzeitig aber auch bereits Suks unverwechselbare kompositorische Handschrift ausmachen können. Suk hatte 1896, als er das Quartett komponierte, bereits Erfahrungen mit Dvořáks herausragendem Quartettschaffen, und dies nicht nur auf theoretischer Ebene, sondern auch als Interpret dieser Werke. Im selben Jahr schaffte er sich auch eine Violine aus der Werkstatt von Antonio Stradivari an. Dass Suks erstes Quartett auch Dvořák gefiel, bezeugt ein Brief an den Verleger Simrock, in welchem Dvořák ausführt, es handle sich um das bislang beste Werk, das er von Suk gehört habe. Mit vollem Recht wurde diese Komposition nicht nur von Simrock gedruckt, sondern bald auch in ganz Europa gespielt – von Wien über London bis Riga. Im Jahr 1915 kehrte Suk noch einmal zu dem Stück zurück und überarbeitete den abschließenden vierten Satz.

Alexander Zemlinsky zählte zu seinen Lebzeiten zu den respektiertesten Persönlichkeiten der Musikwelt Mitteleuropas. Er war ein bemerkenswerter Komponist, der von der spätromantischen Tradition ausging, welche er mir manchen Aspekten der Zweiten Wiener Schule verband. Daneben machte er sich einen Namen als Dirigent (so war er in den Jahren 1911–27 künstlerischer Leiter und Dirigent des Neuen Deutschen Theaters in Prag) und als gefragter Pädagoge (zu seinen Schülern zählte unter anderem Arnold Schönberg). Obgleich er zahlreiche herausragende musikdramatische Werke, aber auch Orchester- und Kammerwerke schuf, gehört er heute zu den weniger gespielten Komponisten. Das Streichquartett Nr. 1 A-Dur, op. 4 stammt aus dem Jahr 1896, als Zemlinsky seine ersten großen Erfolge feiern konnte; so wurde etwa seine Oper Es war einmal an der Wiener Hofoper von Gustav Mahler einstudiert. Zemlinskys erstes Streichquartett gilt als eines der bedeutendsten Quartettwerke seiner Zeit, also vor dem Aufstieg der Zweiten Wiener Schule.

Autor: Jiří Zahrádka